«Reisemüschterli» - Eindrücke aus Tansania.10
Zwischen den Städten Dodoma und Morogoro liegt Mlali. Dort führen die Kapuziner zusammen mit drei Schwestern und Angestellten ein «Rehabilitations Center» für Kinder mit einer Behinderung. Einige der Kinder leben hier die ganze Zeit über, wieder andere sind in der Begleitung ihrer Mütter vorübergehend an diesem Ort platziert. Für die Mütter stehen Zimmer zur Verfügung, die sie während ihres Aufenthalts benutzen dürfen. Hier erhalten die Kinder vor allem physiotherapeutische Unterstützung. Die Mütter lernen, welche Übungen für ihr Kind förderlich sind. Zusammen mit den Postulanten helfe ich den Kindern, ihre Mahlzeiten einzunehmen. Einige brauchen Unterstützung, andere können selbständig essen. Es tut mir leid, dass ich kaum Swahili spreche. Mit Englisch ist hier nichts zu machen. Trotzdem werde ich von den Kindern mit grosser Freude empfangen. Bis auf Martin. Er weint und fürchtet sich vor mir. Ob er schon einem Weissen in seinem Leben begegnet ist? Auf jeden Fall falle ich mit meiner Hautfarbe in diesem Land auf. Hier bin ich der Ausländer, ein Fremder. Ich werde von Martin kritisch beäugt, pantomimische Charmeoffensive meinerseits hin oder her. Sein Blick spricht Bände: Kann man diesem eigenartigen Typen auch trauen? Am zweiten Tag folgt jedoch ein zaghaftes Winken seinerseits, noch am selben Tag ein Lächeln und die Mauer ist gefallen. Manchmal braucht es eben ein bisschen Zeit und Geduld, um sich mit Ungewohntem anzufreunden. Es ist für mich eine prägende Erfahrung dieser Reise, als Fremder in einem Land zu sein und freundlich aufgenommen zu werden. Was mir in Tansania an Gastfreundschaft alles bereits begegnet ist, lässt mich staunen. Es führt mich zur Frage, wie ich mich als Schweizer eigentlich Fremden gegenüber in meinem Land verhalte. Guten Lehrmeisterinnen und Lehrmeistern im Umgang damit bin ich hier jedenfalls täglich begegnet. Was für ein Geschenk!
Br. Kletus lebt von Februar bis Ende April bei den Kapuzinern in Tansania. In der Reihe «Reisemüschterli, Eindrücke aus Tansania» teilt er einige Erlebnisse und Gedanken während dieser Zeit mit uns.